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Veröffentlichungen

Testamente zugunsten ambulanter Pflegedienste

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen wird sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahre 2020 bereits auf 2,9 Millionen erhöht haben.

 

Der Bevölkerungsanteil der über 80-jährigen liegt in der Bundesrepublik Deutschland 2050 nach Schätzungen bei 12 %. Alternde Menschen sind wegen des zunehmenden Demenzrisikos, Anstiegs isolierter Lebensformen und der großen Abhängigkeit bei Pflegebedürftigkeit besonderen Gefahren ausgesetzt, wenn sie letztwillige Verfügungen (Testamente, Erbverträge) errichten. Es kommt immer wieder vor, dass Testamente oder Erbverträge zugunsten eines Heimes bzw. pflegender Personen verfasst werden. 


Aufgrund der geltenden Gesetzeslage sind letztwillige Verfügungen zugunsten eines Trägers von Pflegeheimen nichtig. Dies deshalb, da der Gesetzgeber verhindern wollte, dass die Hilf- oder Arglosigkeit alter, pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsicht ausgenutzt wird. Heutzutage kommt der ambulanten Pflege zu Hause immer mehr Bedeutung zu. Es fragt sich insofern, ob eine letztwillige Verfügung zugunsten eines Pflegedienstes bzw. einzelner Mitarbeiter ebenfalls sittenwidrig und nichtig ist. 


Das OLG Frankfurt am Main urteilte mit Beschluss vom 12.05.2015 hierzu, dass ein entsprechendes Testierverbot auch ausdrücklich für ambulante Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen sowie deren Leitung besteht. Allerdings gibt es von diesem Verbot auch Ausnahmen. Wird ein Mitarbeiter oder Leiter eines Pflegedienstes bzw. einer Betreuungseinrichtung zum Erben eingesetzt, ist es erforderlich, dass die Erbeinsetzung im Zusammenhang mit der Erfüllung der Pflichten aus einem Pflegevertrag erfolgt. 


Dieser Zusammenhang wird zunächst gesetzlich vermutet. Wenn und soweit es gelingt, diese Vermutung durch einen Beweisantritt zu erschüttern, können Testamente bzw. Erbverträge zugunsten von Pflegenden durchaus gültig sein. Allerdings wird ein solcher Nachweis in der Praxis nur sehr schwer geführt werden können. 
Zurzeit ist die Rechtslage in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Es ist noch nicht absehbar, ob der Gesetzgeber auch ausdrücklich Ausnahmen zulassen will. In jedem Falle sollte bei der Gestaltung von Testamenten und Erbverträgen auf die beschriebenen Fallstricke geachtet werden. Dabei dürfte es insbesondere wichtig sein, darauf zu achten, im Testament bzw. Erbvertrag Formulierungen aufzunehmen, welche die gesetzliche Vermutung der Erbeinsetzung aufgrund der erbrachten Pflegeleistungen widerlegt.