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Veröffentlichungen

Gerichtsverhandlung im Zivilprozess

Persönliches Erscheinen Pflicht?

 

Über eines müssen sich Juristen immer wieder klar werden: Die meisten Menschen fühlen sich vor Gericht unwohl. Daher wird uns von Mandanten immer wieder die Frage gestellt, ob diese persönlich an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen müssen. Diese Frage stellt den Anwalt vor zwei Probleme. Möchte er, dass der Mandant mit zur Verhandlung geht? Manch ein Kläger hat sich unbewusst vor Gericht zwar nicht um Kopf und Kragen, zumindest jedoch um sein Geld geredet. Die zweite Frage ist, ob der jeweilige Richter will, dass die Parteien des Rechtsstreits selbst erscheinen. An dieser Stelle ist bewusst von „will“ und nicht von „möchte“ die Rede, da manch ein Richter seinem Willen mit aller Macht des Gesetzes Ausdruck verleiht.


Nach der Reform der Zivilprozessordnung im Jahr 2002 ist als Beginn des Gerichtsverfahrens die sogenannte Güteverhandlung vorgeschrieben. Hier soll der Richter auf Kläger und Beklagten einwirken und versuchen, einen Vergleich zu erzielen. Dies macht allerdings nur Sinn, wenn Kläger und Beklagter tatsächlich anwesend sind. Von der Güteverhandlung kann allerdings Abstand genommen werden, wenn erkennbar ist, dass eine gütliche Einigung nicht in Frage kommt. Leider machen die Gerichte von dieser Ausnahme wenig Gebrauch. Ohne nähere Prüfung wird bei der Ladung zum Gerichtstermin fast immer das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet. Das persönliche Erscheinen wiederum kann umgangen werden, wenn dem Anwalt eine besondere Vollmacht für den Verhandlungstermin ausgestellt wird. Soweit die gesetzliche Regelung.


Nun ist es einigen Richtern egal, ob der Aufforderung zum persönlichen Erscheinen nachgekommen wird. Andere Richter empfinden es als persönliche Missachtung, wenn Kläger oder Beklagter nicht zu dem Termin erscheinen. Es ist in unserer Praxis vorgekommen, dass trotz der oben angesprochenen besonderen Vollmacht wegen des Nichterscheinens einer Partei Ordnungsgelder angedroht und sogar auch verhängt wurden. Es verlangt dann schon besonderen Einsatz des Anwalts, dieses Ordnungsgeld wieder aufheben zu lassen. Der missgestimmte Richter bleibt einem auf jeden Fall erhalten und spricht dann das Urteil in dem Verfahren!


In anderen Fällen war der Mandant entsprechend der Aufforderung mit zur Verhandlung gegangen und konnte bzw. durfte nicht ein einziges Wort sagen. Gegen die dann entstehende, berechtigte Enttäuschung ist wenig auszurichten.
In jedem Falle gilt: Das persönliche Erscheinen vor Gericht ist Kür und nicht Pflicht.