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Veröffentlichungen

BFH hält 6 % Zinsen auf Nachzahlungen für unangemessen

Mit einer Entscheidung vom 14.05.2018 hat der Bundesfinanzhof (BFH) zumindest für Verzinsungszeiträume ab 2015 die Forderung des Finanzamtes auf eine Verzinsung von Nachzahlungen in Höhe von 6 % aus verfassungsrechtlichen Gründen für unangemessen gehalten.Wird eine Steuerforderung erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres der Entstehung der Steuer erhoben und gezahlt, so ist diese Nachzahlung nach den Regelungen der Abgabenordnung mit 6 % pro Jahr zu verzinsen. Die Gründe für eine spätere Steuerforderung können vielfältig sein, eine verspätete Abgabe der Steuererklärung, geänderte Feststellungen im Rahmen einer Betriebsprüfung oder auch nur die verspätete Bearbeitung der Steuererklärung im Finanzamt. Es bedarf keines "Verschuldens" des Steuerpflichtigen.

 

Der Bundesfinanzhof war entgegen früherer Rechtsprechung nunmehr der Auffassung, dass zumindest seit dem Jahr 2015 eine solche Verzinsung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Der gesetzliche Zinssatz überschreitet ab 2015 angesichts der eingetretenen strukturellen und nachhaltigen Verfestigung des niedrigen Marktzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität. Eine sachliche Rechtfertigung für die gesetzliche Zinshöhe besteht nicht. Schließlich sei es für den Steuerpflichtigen wegen der Niedrigzinsphase nahezu ausgeschlossen, die zu zahlenden Zinsen durch die Anlage der nicht gezahlten Steuerbeträge tatsächlich zu erzielen. Auch das bisher angeführte Argument, der gesetzliche Zinssatz würde der Verwaltungsvereinfachung dienen und wäre praktikabler, ließ der BFH nicht gelten. Aufgrund der modernen EDV-Technik sei die Anpassung an einen Marktzins oder die Anlehnung an den Basiszinssatz wie in § 247 BGB ohne weiteres möglich.Da die Entscheidung des BFH in einem Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz erging, musste die Frage nicht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden.

 

Eine endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus.Sofern entsprechende Zinsen im Bescheid festgesetzt werden, kann nur geraten werden, hiergegen Einspruch einzulegen und unter Hinweis auf die Entscheidung des BFH die Aussetzung der Vollziehung bis zu einer endgültigen höchstrichterlichen Entscheidung zu beantragen.