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Veröffentlichungen

Stehen nicht mal im Kleingedruckten – gelten aber trotzdem: Nebenpflichten beim Heimvertrag

Was die Hauptpflichten eines Heimvertrages sind, dürfte den Beteiligten bekannt sein. Die Pflegeeinrichtung überlässt dem Heimbewohner zum einen Wohnraum und verpflichtet sich zum anderen zur Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen. Die Pflegeeinrichtung erhält dafür im Gegenzug ein Gesamtentgelt. 


Und dann gibt es da noch die  vertraglichen Nebenpflichten. Diese sind so vielfältig, dass sie nicht mal im Kleingedruckten eines Vertrages Platz fänden. Nachfolgend sollen einige Beispiele für vertragliche Nebenpflichten bei Heimverträgen verdeutlichen, welch unterschiedliche Pflichten für Bewohner und Pflegeeinrichtung bestehen. 


Von den Gerichten sind hierzu diverse Urteile ergangen: Unterlässt es ein Heimleiter, eine Bewohnerin bei Einzug in die Altenpflegeeinrichtung darüber aufzuklären, dass diese für das Heimentgelt auch Sozialhilfe beantragen könnte, so kann das Heim bei unterbliebener Antragstellung auf Sozialhilfe kein Schadensersatz von der Bewohnerin verlangen, wenn das Sozialamt die Kosten deswegen nicht vollständig übernimmt. Zur vertraglichen Nebenpflicht der Einrichtung hätte es gehört, die Bewohnerin auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Sozialhilfe hinzuweisen.


Eine weitere, sehr wichtige Nebenpflicht besteht für die Pflegeeinrichtung dahingehend, die Heimbewohner vor vermeidbaren, auch selbst verursachten, Körperschädigungen zu schützen. Zwar bestehen keine Rund-um-die-Uhr-Aufsichtspflichten, aber Schutz- und Sorgfaltspflichten. Als Beispiel sei hierbei auf den navhfolgenden Gerichtsfall verwiesen: Das Personal einer Pflegeeinrichtung ließ in einem Aufenthaltsraum, in dem sich Demenzkranke befanden, mehrere Thermokannen mit heißem Tee stehen. Eine demente Heimbewohnerin erlitt erhebliche Verbrennungen an den Oberschenkeln, als sich Tee auf ihre Beine ergoss, zu einer Zeit, als der Aufenthaltsraum unbeaufsichtigt war. Wegen der Verbrennungen musste sie im Krankenhaus behandelt werden. Die Kosten, die hierbei entstanden, verlangte die Krankenversicherung der Verletzten von der Pflegeeinrichtung erstattet und bekam hierbei vor dem OLG Schleswig Recht. Das Gericht argumentierte, dass zwar nicht zu verlangen sei, dass das Pflegepersonal die Heimbewohner ununterbrochen beaufsichtige, aber Gefahrenquellen, wie heißer Tee, dürften in einem unbeaufsichtigten Raum nicht zurückgelassen werden. Der Unfall mit der Teekanne hätte leicht vermieden werden können, wenn das Personal die Kannen beim Verlassen des Aufenthaltsraumes mitgenommen hätte.


Auch Heimbewohner unterliegen Nebenpflichten. Verstößt z. B. ein Bewohner beharrlich gegen ein geltendes Rauchverbot, kann dies selbst dann, wenn der Bewohner nur eine eingeschränkte Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit besitzt, eine Kündigung begründen. Dagegen stellen Vorgänge, wie das Ausspucken oder Werfen von Essensresten, keine erheblichen Pflichtverletzungen dar, da diese in einem Pflegeheim nun mal nicht so ungewöhnlich sind. 


Zum Schluss soll noch auf die für Heimbewohner geltende Nebenpflicht verwiesen werden, Persönlichkeitsrechte anderer Heimbewohner nicht zu verletzen. Das Landgericht Essen hat vor kurzem entschieden, dass ein Heim den Vertrag mit einem 94-jährigen kündigen könne, wenn sich dieser eines sexuellen Übergriffes an einer Mitbewohnerin schuldig gemacht hat.