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Veröffentlichungen

Darf man einen flüchtenden Einbrecher erschießen?

Die Antwort auf die Frage aus der Überschrift wird in diesem Beitrag nur strafrechtlich thematisiert, moralische Aspekte oder die des sozialen Umgangs / der Nächstenliebe bleiben außen vor. Eine solch drastische Maßnahme, wie das Töten eines anderen Menschen, kann strafrechtlich ausnahmsweise dann erlaubt sein, wenn die Tat aufgrund einer Notwehrlage gerechtfertigt ist. Wann eine solche Notwehrlage vorliegt bzw. wann sie wieder zu Ende ist, war die zentrale Frage in einem vor kurzem vor dem Bundesgerichtshof entschiedenen Strafverfahren.

 

Gleich fünf junge Männer waren in die Wohnung eines 82-jährigen Rentners eingedrungen, hatten diesen an einen Sessel gefesselt, geschlagen und mit einer Softair-Pistole bedroht. Als beim Öffnen des Tresors Alarm ausgelöst wurde, flohen die fünf Einbrecher. In diesem Moment ergriff der Rentner eine in einer Stofftasche an seinem Sessel deponierte Pistole und schoss auf die Flüchtenden. Ein Schuss traf einen der Einbrecher, 16 Jahre alt, tödlich in den Rücken.


Notwehr oder keine Notwehr, das war hier die Frage. Notwehr kann nur dann geübt werden, wenn ein "gegenwärtiger und rechtswidriger Angriff" unmittelbar bevorsteht oder noch andauert. Erfolgt ein solcher Angriff auch dann noch, wenn der Täter bereits flieht? Gibt es keine Anzeichen für die Rückkehr der Täter, so der BGH hierzu, ist der Angriff zum Zeitpunkt der Flucht beendet. Ohne andauernden Angriff keine Notwehrlage, folglich auch keine Notwehr mehr. Entsprechend bestätigte der BGH das erstinstanzliche Landgerichtsurteil, nachdem der Rentner wegen Totschlags schuldig gesprochen worden war.


Die Frage aus der Überschrift kann in einem solch kurzen Beitrag natürlich nicht erschöpfend beantwortet werden. Grundsätzlich darf beim Einsatz von Schusswaffen nur abgestuft, je nach Intensität des Angriffs, verteidigt werden. Sofern die Situation es zulässt, ist hierbei wie folgt vorzugehen: 1. Androhen des Schusswaffengebrauchs, 2. Warnschuss, 3. Schuss auf nicht lebenswichtige Körperteile (Extremitäten außer Kopf), 4. tödlicher Schuss als ultima ratio. Das tödliche Schüsse auf flüchtende Täter noch durch Notwehr gedeckt sein können, ist zwar nicht ausgeschlossen, z. B., wenn Beute mitgenommen wird, in den meisten Fällen wird die Annahme einer andauernden Notwehrlage allerdings kaum vertretbar sein. Wie immer kommt es auf die Details an. Der überfallende Rentner wurde aufgrund des gesamten Geschehens in der Tatnacht übrigens "nur" zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.